Lässt sich das Schmerzexpressionsmuster von Nagern auf den Menschen übertragen? Hinterwurzelganglien (DRGs) kontrollieren den nozizeptiven Input von der Peripherie zum Gehirn, da sie die Zellkörper der primären afferenten Neuronen enthalten. DRG-Expressionsmuster werden seit vielen Jahren analysiert und Expressionsveränderungen wurden für verschiedene chronische Schmerzzustände in DRGs von Nagern beschrieben.

Forscher von der University of Texas in Dallas haben nun einen weiteren Schritt zur Aufklärung der Situation beim Menschen unternommen. Menschliche DRGs sind dank Organspendern für Forschungszwecke verfügbar. Native menschliche DRGs stellen wahrscheinlich den Zelltyp dar, mit dem man dem menschlichen Schmerzübertragungssystem experimentell in vitro am nächsten kommt. In ihrer früheren Arbeit verglichen die Forscher DRG-Transkriptome von Maus und Mensch, die mit Hilfe von RNA-Sequenzierung generiert wurden (PMID29561359) und quantifizierten Unterschiede zwischen DRGs von Maus und Mensch mittels in situ Hybridisierung (PMID32639368). Nun verfeinerten sie die molekularen Fingerabdrücke der DRGs durch eine räumliche Transkriptomanalyse (https://doi.org/10.1101/2021.02.06.430065). Anhand DRGs von acht Spendern konnten sie zehn verschiedene Cluster von menschlichen Nozizeptoren identifizieren, darunter C-Nozizeptoren, Aδ-Nozizeptoren sowie Aδ- und Aβ-Subtypen. Die Auswertung ergab Unterschiede zwischen Menschen, Nagetieren und Affen sowie Unterschiede zwischen den Mustern von weiblichen und männlichen Organspendern. Die Entschlüsselung des genetischen Profils der DRGs ist ein wichtiger Schritt von der Klinik zur Rückübersetzung in die Präklinik. Es kann Hinweise auf die Differenzierungsprotokolle von humanen induzierbaren pluripotenten Stammzellen (iPSCs) geben, die in viel größerem Maßstab als humane DRGs zur Verfügung stehen und mittels funktioneller Untersuchungen wie Ca++-Imaging oder Elektrophysiologie leicht zu untersuchen sind.

Schlussfolgerung

Somit stellt der jüngste räumliche Transkriptom Fingerabdruck der menschlichen DRGs ein wichtiges Puzzleteil in der translationalen Schmerzforschung dar und trägt zum Verständnis der humanen Schmerzregulation bei. Dieses Wissen muss nun in unser Verständnis von Arzneimittelforschung und -entwicklung integriert werden, um neue Targets für innovative Schmerzhemmer in chronischen Schmerzindikationen mit hohem medizinischen Bedarf zu identifizieren. Darüber hinaus stärken diese Daten den 3R Ansatz in einer ZNS Indikation, die sehr stark von neuronalen Schaltkreisen und Rückkopplungsmechanismen abhängt.

© Thomas Christoph